01.09.2012

ALCALÁ

Ich sitze auf unserem Balkon vom Hostel. Die Luft ist sehr warm und trocken, der Wind trägt klagende Lieder über die Liebe oder über die Vergangenheit hinüber.
Wenn ich nach rechts schaue, sehe ich die Kirche, die viel zu groß zu sein scheint, für unser kleines Alcalá, dass vielleicht 800 Einwohner im „Mitteldorf“ zählt. 
Wenn ich nach vorne schaue, ist da die wunderschöne Plaza, in der man zu jeder Tageszeit verschiedenste Menschen findet und die aussieht, als wäre sie eine Oase inmitten von dem Dorf, das einer Wüste gleicht. Denn auf der Plaza ist es grün und saftig, die Palmen ragen weit in den Himmel und neben den Bänken aus Holz blühen meine Hibiskusblumen in rot. 
Wenn ich nach links schaue, schaue ich direkt auf die Hauptstraße, die hier sogar asphaltiert ist. Die kleinen Wege und Straßen rechts und links von ihr ab sind kleine Gassen mit Kieselsteinen oder einfach nur trockener, dunkler Erde. 
Nachmittags, wenn die Luft abgekühlt ist, kann man links und rechts an den Hauseingängen eiskalten Kokossaft kaufen oder eine Kugel viel zu rosanes Eis für nur einen Boliviano. Dann trifft man auch auf die Kinder, die aus der Schule zurück sind, und sich auf den Wegen irgendeine Beschäftigung suchen. Die Erwachsenen kaufen an den Tiendas ihre Waren für das Abendessen und verschwinden sehr bald wieder in ihren Hütten. 
Mittags, wenn die Sonne vom Himmel brennt und es so hell ist, dass jeder Blick in Richtung der Berge um unser Dorf blendet, sieht man nur die Bauarbeiter die gegenüber am neuen, auch viel zu großen „Rathaus“ ihre Arbeit verrichten und die vielen streunenden Hunde.


Und jetzt der Bericht der ersten Woche in meinem neuen Zuhause. Als wir Dienstagnachmittags in die Flota stiegen, die uns in den Dörfern Alcalá und ca. 1 Stunde später in El Villar absetzen würde, waren wir froh endlich in unser „festes Heim“ zu kommen, endlich auspacken zu können.
4 holprige Stunden lang blickten wir auf ein Panorama von den dunklen Andenbergen unten, und dem stahlblauen gleißenden Himmel oben. Wir fuhren durch eine Art Wüstenlandschaft mit Kakteen, und ein paar mageren Kühen, die am Wegesrand versuchten zu grasen. Einige Menschen liefen die Schienen aus längst vergangener Zeit entlang, wahrscheinlich um einen Ort zu finden, in dem sie ihre Waren demnächst anbieten konnten. In der Luft zogen Adler und Falken ihre Kreise.
Um 9h kamen wir endlich an und wurden von unserem Don Roger (Hostelvater) direkt mit einem Notfall begrüßt: die Kindergärtnerin der Escuela war überraschend für ein paar Tage nach Sucre gereist und jetzt brauchen sie dringend Freiwillige die für 2 Tage auf die Kinder aufpassen. Weil unser Don aber in so einem schnellen, nuscheligen Latinoakzent sprach, meldete ich mich zuerst freiwillig mit meinem Kumpel Simon. Da waren wir nun: Nichtmal ausgepackt und schon dem Spung ins kalte Wasser ausgesetzt ;-)
Genau so war es dann auch: die kleinen Monster hatten überhaupt keine Disziplin, rannten andauernd raus oder machten natürlich nicht die Aufgaben, die wir ihnen gaben (ein Bild malen!). Wenn man sie dann zurecht wies, guckten sie einen aber mit so großen Kulleraugen an, dass man sie einfach in den Arm nehmen musste.

Nachmittags haben wir ein bisschen den außerhalb gelegenen Teil von Alcalá besichtigt. Die zerfurchten, ausgetrockneten Flussbetten sehen ein bisschen aus wie Mini-Grand-Canyons und auf dem Rückweg wurden wir fast von ein paar Hirtenhunden angegriffen. Abends haben wir mit unserem Don unsere Einsatzorte besprochen: Ich würde 3 Tage im Colegio arbeiten (mit 11-13jährigen Schülern Englisch lernen) und 2 Tage in Mulacancha an allem Möglichen arbeiten, einer Außenschule zu der man 1,5h hinwandern muss.

Am nächsten Tag mussten wir noch nicht arbeiten, weil wir erst bei den Schulen vorgestellt werden mussten. Also haben Simon und ich ausgeschlafen, die knarzende Tür von unserem Mädchenzimmer repariert und danach das erste Mal per Hand gewaschen.




Freitag, 31. August 2012


Heute morgen habe ich mich im Colegio vorgestellt und meine ersten Klasse beaufsichtigt, die grade dabei war „Examen zu schreiben“ (Sie sollten Luftballons ausmalen, in Farben, sie sie auf Englisch hinschreiben mussten). Danach bin ich zurück zum Hostel um den Unterricht für nächste Woche vorzubereiten (Es stehen Farben, Zahlen, Tiere und Kleidung auf dem Plan). Nachmittags um 5h haben wir den Spieleraum für 2 Stunden öffnen, ein Raum der von ehemaligen Freiwilligen gebaut, gestrichen und mit dem verschiedensten Spielzeug eingerichtet wurde. Hier treffen sich dann alle Kinder aus dem Dorf und ich muss sagen das war mit die schoenste Erfahrung bis jetzt: Der Raum wurde so dankbar angenommen und die Kinder waren so gluecklich, dass wir mit ihnen gespielt haben! (Denn in vielen bolivianischen Familien ist so eine Zaertlichkeit nicht ueblich, da muss sich um andere Dinge gekuemmert werden..)
 Um 9h Nachts geht die Flota in Richtung unserer Kollegen in El Villar wo wir über das Wochenende bleiben um sie zu besuchen und um zu gucken, wer das coolere Dorf hat. ;-)

Fotos gibt es naechstes Wochenende, da werde ich wieder nach Sucre fahren um Freunde zu besuchen, die noch ihren Sprachkurs dort machen. Hier, in El Villar, ist das Internet definitiv zu langsam dafuer (aber immerhin haben sie ein Internetcafé, Alcalá bekommt „vorraussichtlich“ 2013 erst Internet).

Auf bald meine Lieben,



que seamos imparables!




                                                                     Unsere Plaza



Unser Hostel, auf dem Balkon kann man die besten Dorfgeschichten beobachten ;-)


                                               Das Colegio, einer meiner Einsatzorte


                                                           Eine der vielen Gassen




                                                Die kleinen Monster während der Pause


                                                              Eines schönen Morgens :D


                       Einen Sternenhimmel wie auf den Dörfern gibt es kein zweites Mal


              Die folgenden Fotos entstanden auf einer Wandertour im Nebendorf El Villar








               Und zum guten Schluss: Meine kleine Schlafecke in unserem Mädelszimmer

1 Kommentar:

  1. Es ist so schön, wie du Bolivien bescreibst- fast als wäre man selber da und würde neben dir sitzen. Ich hoffe, es geht dir gut & du hälst dich von den tödlichen Käfern fern ;) I love you !

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